Wende ins Unbekannte: Deutschlands radikale Energiepolitik

Wende ins Unbekannte: Deutschlands radikale Energiepolitik

  • Februar 2019

Im Jahr 2011 traf die Bundesregierung unter dem Eindruck der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima eine folgenschwere Richtungsentscheidung in der deutschen Energiepolitik. Auch mit Blick auf die anstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg – wo die Grünen dabei waren, die Jahrzehntelange Dominanz der CDU zu brechen – kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel überraschend den schrittweisen und vollständigen Ausstieg aus der Energiegewinnung durch Atomkraft an.

Als Ersatz für die Atomkraft wurden regenerative Energiequellen propagiert – letztendlich kamen dafür in Deutschland nur die Windkraft und in begrenzterem Umfang die Stromgewinnung aus Solarenergie in Frage. Durchdrungen und vorangetrieben wird das gesamte Vorhaben bis heute von einer Ideologie: Demnach soll ein angeblich von Gasen wie Kohlenstoffdioxid und Stickoxiden ausgelöster Klimawandel gestoppt werden, indem der Umstieg auf nicht-fossile Energieträger wie Wind, Sonnenenergie, Wasser und Erdwärme gelingt.

Zu beachten ist deshalb, dass diese sogenannte „Energiewende“ in erster Linie ein politisches Projekt ist, dem keine ökonomischen Sachzwänge oder Anreize zu Grunde liegen, welches aus wirtschaftlicher Sicht also unnötig ist.

Die Veränderungen der deutschen Energie-Infrastruktur nach 2011 war immens. Während Windradparks und Solarpanels flächendeckend an geeigneten Orten ausgebaut und von der Bundesregierung subventioniert wurden, wurden zahlreiche Atomkraftwerke vom Netz genommen. Während die Atomkraft im Jahr 2011 noch etwa 17,5 Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland beitrug, waren es im Jahr 2018 noch etwa 13 Prozent. Im Gegenzug stieg der Anteil der Windkraft im selben Zeitraum von 8 Prozent auf rund 20 Prozent. Der Anteil von Photovoltaik steig von rund 3 Prozent auf jetzt 9 Prozent.

Unbestreitbar führte der Rückzug aus der Atomkraft zur Verringerung von Risiken mit Blick auf mögliche Havarien. Unbestreitbar ist aber auch, dass die Preise für Strom aufgrund des von der Bundesregierung verordneten Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) und der damit verbundenen Subvention für Erneuerbare stetig gestiegen ist. Dies führte dazu, dass die Strompreise inzwischen ein Allzeithoch erreicht haben – und weiter steigen werden. Während Unternehmen derzeit noch nicht den vollen Preis bezahlen müssen, werden die Kosten der Energiewende auf die Bürger abgewälzt.

Im Jahr 2018 erreichte der durchschnittliche Strompreis in Deutschland den Wert von 29,42 Cent pro Kilowattstunde. Im Jahr 2011 lag der Preis bei rund 25 Cent pro Kilowattstunde. In diesen 29,42 Cent sind die Kosten für Stromerzeugung, Transport und alle Steuern und Abgaben enthalten. Die Steuern, Abgaben und Umlagen haben sich seit dem Jahr 2000 von 5,19 auf 15,8 Cent verdreifacht. Die zur Förderung der alternativen Energiequellen erhobenen Steuern und Abgaben machen heute mit über 54 Prozent mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Auf Netzentgelte entfallen fast 24,7 Prozent und die verbleibenden 21 Prozent bekommt der Stromanbieter für die Stromerzeugung.

Auf die Spitze getrieben wurde die Entwicklung, als die Bundesregierung Anfang 2019 einen verbindlichen Ausstieg aus der Kohlekraft beschloss. Damit entledigt sich Deutschland auf Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel hin faktisch der letzten verbliebenen sicheren Energiequelle, welche dem Land, seinen Bürgern und der Wirtschaft zur Verfügung steht. Denn die Leistungsfähigkeit sowohl der Windkraft als auch der Photovoltaik-Technik sind wetterabhängig und können deshalb keine verlässliche Grundversorgung garantieren. Dieses Bedürfnis können einzig die Atomkraft und die Kohlekraft sowie die Stromerzeugung durch Erdöl und Erdgas leisten, zumal bislang keine überzeugende Speichermethode für überschüssigen „Bio-Strom“ entwickelt wurde.

Die Folgen dieser Entscheidung sind signifikant. Neben einer höheren Schwankungsanfälligkeit in der Energieversorgung droht Deutschland in den kommenden Jahren, vollkommen unnötig von Energieimporten aus dem europäischen Ausland abhängig zu werden. Strategisch bedeutet der Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft, dass sich das rohstoffarme Deutschland – welches eine der erfolgreichsten und höchstentwickelten Volkswirtschaften der Welt beheimatet – seiner leistungsstärksten Energiequellen entledigt.

Bemerkenswert ist, dass andere Staaten derzeit genau den entgegengesetzten Weg gehen. So setzen viele aufstrebende Länder auf anderen Kontinenten auf den Ausbau der Nuklear- und Kohleenergie. Selbst in Ländern, in denen die Anliegen der Klimapolitik traditionell wohlwollend aufgenommen werden, verursacht die energiepolitische Strategie der Bundesregierung Stirnrunzeln. Jüngst wunderte sich das Wall Street Journal in einem von der gesamten Redaktion gezeichneten Meinungsartikel über den Kurs der Regierung in Berlin. Der Titel des Stücks: „Die dümmste Energie-Politik der Welt“.

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