Europäische Einlagensicherung: Die Sparer als Euro-Retter

Europäische Einlagensicherung: Die Sparer als Euro-Retter

  • Januar 2016

Die europäische Einlagensicherung ist eine beschlossene Sache. In einem von der breiten Öffentlichkeit kaum in seiner Bedeutung erkannten Zeitungsartikel hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble den Banken Europas 2.000 Milliarden Euro aus den deutschen Spareinlagen als Pfand freigegeben. Diese Summe – 2 Billionen Euro – deckt sich zufällig genau mit dem Betrag, den der Internationale Währungsfonds (IWF) vor einigen Jahren ermittelt hat: So viel Geld sei nötig, um wirklich „Feuerkraft“ in der europäischen Schuldenkrise vorzuhalten. Damals ging es um den ESM, der mit 700 Milliarden Euro aus europäischen Steuergeldern dotiert wurde. Der IWF hielt fest, dass dies zu wenig sei, um den Euro vor einer Kernschmelze zu bewahren.

Die Erklärung Schäubles verschafft vor allem Italien Luft. Die italienischen Banken mussten soeben faule Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro loswerden, was ihnen durch die Aussicht auf die gemeinsame Haftung aller Sparer deutlich erleichtert wurde. Gemeinsam mit Italien kann aber auch die gesamte EU aufatmen, weil ihr Schäuble Zeit gekauft hat. Dafür war bisher eigentlich Mario Draghi zuständig. Doch die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) greifen nicht: Im Dezember wurden nur 0,3 Prozent mehr Darlehen an nicht zur Finanzwirtschaft zählende Firmen als vor Jahresfrist vergeben, wie die Notenbank am Freitag mitteilte. Für November wurde zudem der Zuwachs auf 0,7 Prozent von zuvor gemeldeten 0,9 Prozent rückwirkend nach unten revidiert. An Privathaushalte im Währungsraum vergaben Banken im Dezember 1,4 Prozent mehr Darlehen.

Volkswirte werteten die Daten als enttäuschend. Die schwache Dynamik hole die EZB auf den Boden der Tatsachen zurück, kommentierte BayernLB-Volkswirt Johannes Mayr: „Vor allem im Bereich der Unternehmenskredite wurde überraschend die positive Entwicklung der Vormonate relativiert.“

Seit März 2015 versucht die Notenbank, mit dem Kauf von Staatsanleihen die Konjunktur zu beleben und die aus ihrer Sicht unerwünscht niedrige Inflation anzuheben. Monat für Monat schleust sie auf diese Weise rund 60 Milliarden Euro in das Finanzsystem – bislang ohne Erfolg. Nach dem Kalkül der EZB sollen so Anleihen als Investition für Banken unattraktiver werden. Die Hoffnung, dass die Geldinstitute stattdessen mehr Kredite an die Privatwirtschaft vergeben, hat sich bislang jedoch nicht erfüllt.

Daher braucht das Finanzsystem die deutschen Spareinlagen als Sicherheiten. Mit ihnen können die Banken bei der EZB neue Kredite erhalten und diese dann im Finanzsystem in Umlauf bringen. Für die Staaten hat die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung den Vorteil, dass die Regierungen sagen können: Der Steuerzahler muss keine Bank mehr retten, das machen jetzt die Gläubiger. Die meisten Bank-Kunden wissen allerdings nicht, dass sie selbst diese Gläubiger sind.

Greifen wird die Maßnahme erst 2024 – bis dahin handelt es sich nur um Sicherheiten, also mehr oder weniger geduldiges Papier. Damit hat Schäuble auch den intelligenten und wachsamen Sparern und Anlegern Zeit gekauft. Sie können sich in den kommenden Monaten genau überlegen, welche Anlageformen und welchen Liquiditätsbedarf sie in den nächsten Jahren haben werden. Zwar sind viele Asset-Preise heute durch Manipulationen und das billige Geld unnatürlich aufgeblasen, doch das muss nicht so bleiben. Anlegen ist immer eine Frage des Timings. Das gilt für gute wie für schlechte Zeiten.

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