Die Renten-Illusion: Warum die Deutschen im Alter arm werden

Die Renten-Illusion: Warum die Deutschen im Alter arm werden

  • August 2017

Alle Gesellschaften stehen in Europa vor demselben Problem: Gibt es im Verhältnis mehr Rentner als Beitragszahler, nehmen die Rentenversicherungsbeiträge zu. Außerdem steigen auch die Renten langsamer als die Löhne. Dadurch werden mehrere Generationen mit den Folgen des demografischen Wandels belastet.

Die Bundesregierung hat beschlossen, das Rentenalter in den kommenden Jahren schrittweise auf 67 Jahre anzuheben. Allerdings zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, dass ein Ansteigen der Altersgrenze auf 67 nicht ausreicht, um die Auswirkungen des demografischen Wandels vollständig zu kompensieren. Beitragssätze werden also weiter steigen und das Rentenniveau wird trotz der Erhöhung des Eintrittsalters absinken.

Auch andere Studien zeigen: Unter der Annahme, dass künftig nicht alle Beitragszahler bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können, kann selbst ein Anstieg über 67 Jahre hinaus die Folgen der Bevölkerungsalterung auf die Rentenversicherung nicht vollständig aufheben.

Das Rententhema ist also für mehrere Generationen ein Problem. In Deutschland wird das Rentensystem dazu führen, dass es zu einer massiven Altersarmut kommt. Diese wird sich allerdings schleichend einstellen, weshalb die CDU, CSU und SPD ein Interesse daran haben, das Rententhema im Wahlkampf kleinzuhalten. Denn: Der Ausgang der Bundestagswahl wird in diesem Jahr wie noch nie zuvor vor allem durch Wähler im Rentenalter entschieden. Die älteren Wähler seien immer wahlentscheidender, sagte Bundeswahlleiter Dieter Sarreither in einem Interview für mehrere Regionalzeitungen. Gut ein Drittel der Wahlberechtigten sei mindestens 60 Jahre alt.

Im Vergleich zu 1980 habe diese Altersgruppe um mehr als sieben Prozentpunkte zugenommen. Mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten seien sogar 70 Jahre alt oder älter. Außerdem sei seit einigen Jahren zu beobachten, dass die Wahlbeteiligung älterer Wähler überdurchschnittlich hoch sei, während jüngere Wähler eher seltener zur Wahl gingen.

Demnach macht die Altersgruppe der 18- bis 21-Jährigen nur 3,6 Prozent der Wahlberechtigten aus. Der Anteil der jüngeren Wähler habe in den letzten Jahrzehnten stetig abgenommen.

Der klare Vorsprung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der CDU bei allen Umfragen dürfte auch daher rühren, dass die älteren Deutschen vom Erhalt des Status quo träumen. Diesen verkörpert niemand so gut wie Angela Merkel. Sie profitiert vom auf den ersten Blick stabilen Zustand Deutschlands, analysiert Christian Odenthal vom Centre for European Reform in einer Analyse des Wahlkampfs: Schließlich profitiert Merkel vom Status quo. Deutschlands Wirtschaft gehe es gut, die fiskalische Situation der Bundesregierung sei ausgezeichnet. Die politische Situation in Europa und der Welt sei beängstigend genug, um den Deutschen einen erfahrenen politischen Führer als Kanzler sinnvoll erscheinen lassen.

Das Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung liegt bei 47 – ein Alter, in dem man Sicherheit will und keine Experimente. Allerdings wird auch diese Gruppe in den kommenden Jahren spüren, dass die Renten für viele von ihnen nicht mehr zu einem Leben und Alter in Würde reichen werden.

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