Internationale Organisationen: Hüter der globalen Ordnung oder Spielball der Weltmächte?

Internationale Organisationen: Hüter der globalen Ordnung oder Spielball der Weltmächte?

  • November 2019

Im letzten Jahrhundert entstand eine ganze Reihe internationaler Institutionen von den Vereinten Nationen über den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank bis hin zur Welthandelsorganisation. Über ihren Sinn, ihre Ziele und über die globalen Folgen ihrer Aktivitäten kann man streiten, doch Fakt ist, dass sie über großen wirtschaftlichen und politischen Einfluss verfügen, der seit ihrer Gründung immer weiter gewachsen ist.

Die genannten Institutionen sind heute zum Teil sehr eng miteinander verwoben und es gibt erhebliche Überschneidungen in ihren Tätigkeiten. Schon einige der Namen, die man ihnen gegeben hat, sind äußerst irreführend. So sagte einst selbst der Ökonom John Maynard Keynes, der als Urheber von IWF und Weltbank gilt, dass der Internationale Währungsfonds eher als eine Bank bezeichnet werden sollte und die Weltbank eher als ein Fonds – und das mit gutem Grund.

Zwar gibt es immer wieder Berichte über Erfolge von IWF und Weltbank, wenn irgendein Land einen günstigen Kredit von ihnen erhält, doch zugleich ist die Kritik an ihrem Vorgehen in den ärmeren Ländern der Welt gewachsen, denen sie eine massive Schuldenlast aufgebürdet haben. Mit dem geborgten Geld entstehen oft Infrastrukturprojekte, an denen westliche Konzerne verdienen und die vor Ort vor allem den Regierenden oder einer kleinen Elite nutzen. So die Kritik. Hinzu kommt, dass der IWF dann von den verschuldeten Staaten fordert, dass sie die Steuern erhöhen, um ihren Schuldendienst leisten zu können.

Wie ineffektiv IWF und Weltbank darin sind, die Armut in der Welt zu beenden, zeigt Afrika, wo sich der Lebensstandard der einfachen Menschen im Verlauf der letzten Jahrzehnte eher verschlechtert hat. Daher setzen die Regierungen dort zunehmend auf eine Kooperation mit China oder Russland. So haben sich in den letzten zwei Jahren 40 afrikanische Staaten der sogenannten Neuen Seidenstraße angeschlossen. China investiert jährlich 200 Milliarden Dollar in Afrika – mehr als jeder andere Staat der Welt.

In einem Interview vor dem ersten russisch-afrikanischen Wirtschaftsgipfel Ende Oktober mit 50 afrikanischen Staatschefs sagte Präsident Wladimir Putin, Russland werde sich an einer Neuaufteilung von Afrikas Reichtum nicht beteiligen. „Wir sind bereit, uns um die Zusammenarbeit mit Afrika zu bewerben, vorausgesetzt, dieser Wettbewerb ist zivilisiert und entwickelt sich im Einklang mit dem Gesetz. Wir haben unseren afrikanischen Freunden viel zu bieten.“

Der Gipfel mit rund 3.000 Vertretern aus Wirtschaft, Regierung und Finanzen folgte unmittelbar auf den ersten chinesisch-afrikanischen Wirtschafts- und Sicherheitsgipfel, der im Juli 2019 stattfand. Russlands Investitionen in Afrika haben sich seit 2009 vervierfacht und liegen aktuell bei 20 Milliarden Dollar pro Jahr. Schwerpunkte sind dabei die Bereiche Eisenbahn, Energie, Bildung, Kulturaustausch und Militär. So baut Russland derzeit den ersten Kernreaktor Ägyptens und verhandelt mit einer ganzen Reihe weiterer Länder Afrikas über entsprechende Projekte.

Während des Gipfels in Sotschi kündigte Russland einen Schuldenerlass für Afrika in Höhe von 20 Milliarden Dollar an. „Wir sehen, dass eine Reihe von westlichen Staaten auf Druck, Einschüchterung und Erpressung gegen Regierungen souveräner afrikanischer Länder zurückgreifen. Sie hoffen, dass es ihnen helfen wird, ihren verlorenen Einfluss und ihre dominante Stellung in ehemaligen Kolonien zurückzugewinnen“, sagte Putin.

Russland hat den Vorteil, dass es Afrikas wirtschaftliche Entwicklung schon in Zeiten des Kalten Krieges gefördert hat. Daher setzen heute viele afrikanische Regierungen mehr Vertrauen in Russland als in den Westen. Sicherlich übertreibt Putin die Ausbeutung Afrikas durch den Westen, doch zweifelsohne haben die Aktivitäten von IWF, Weltbank und Co. den Kontinent nicht aus der Armut geführt.

Zudem sind die großen internationalen Institutionen mit dem Aufstieg von Donald Trump erstmals auch von jenem Land grundlegend in Frage gestellt worden, das einst entscheidend an ihrer Gründung beteiligt war. Denn nach dem Motto „America first“ will der US-Präsident sich weder seine Handelspolitik vorschreiben lassen, noch will er massive Summen amerikanischen Geldes an globale Institutionen überweisen, von deren Aktivitäten seine Wähler kaum profitieren oder sogar negativ betroffen sind. Es sieht derzeit danach aus, dass dem IWF und der Weltbank schwierige Zeiten bevorstehen.

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