Generation Miete: Warum sich die Jungen das Wohnen nicht mehr leisten können

Generation Miete: Warum sich die Jungen das Wohnen nicht mehr leisten können

  • Mai 2019

Die Immobilienmärkte gehören zu den großen Begünstigten der ultralockeren Geldpolitik der Zentralbanken. Das sukzessive Absenken der Leitzinsen durch die US-Notenbank Federal Reserve, die Europäische Zentralbank sowie weitere wichtige Zentralbanken seit 2008 hatte zur Folge, dass Bankkredite weltweit günstiger wurden und sich auch die Finanzierungsbedingungen im Hypothekarbereich deutlich entspannten.

Dies wirkte wie Treibstoff für die Nachfrage nach Wohnraum oder Gewerbeflächen und trieb die Bewertungen immer weiter nach oben. Immobilien wurden zu einer sehr rentablen Anlageklasse für Gelder, die ebenfalls aufgrund der expansiven Geldpolitik der Notenbanken, auf Konten keine Zinsen mehr abwarfen.

Neben den Aktien- und Anleihemärkten profitierten Immobilien deshalb mit am stärksten von der Flut billigen Geldes. Die seit Jahren steigenden Preise für Wohnungen, Häuser und Gewerbeimmobilien schlugen sich schnell in höheren Mieten wieder. Es ist kein Zufall, dass es inzwischen zu einer Diskussion um die mögliche Enteignung großer Wohnungsbaugesellschaften – vor allem in den großen Städten – gekommen ist. Seit Jahren haben insbesondere junge Menschen Probleme, die steigenden Mieten zu bezahlen.

In Deutschland fließt inzwischen doppelt so viel Geld in Immobilien wie noch vor zehn Jahren. Nach einer ersten Hochrechnung amtlicher Gutachter waren es im vergangenen Jahr 260 bis 270 Milliarden Euro, etwa 10 bis 15 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. „Es gibt keine Hinweise auf eine Trendumkehr“, sagte Peter Ache, der Geschäftsstellenleiter des Arbeitskreises der Gutachterausschüsse, der Deutschen Presse-Agentur. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die Immobilienumsätze 2018 die Summe von 300 Milliarden Euro überschritten.

„Die Zinsen sind nach wie vor niedrig, die Zuwanderung in die Städte ist fast unverändert“, beschrieb Ache Ursachen für den ungewöhnlich langen Boom. Zudem bleibe in den Städten Bauland knapp. Zwar seien 2018 etwas mehr Baugrundstücke verkauft worden. „Ob dieser leichte Aufwärtstrend allerdings ausreicht, um die erforderlichen rund 380 000 neuen Wohnungen zu realisieren, bleibt abzuwarten.“

2009 hatten die Deutschen noch etwa 130 Milliarden Euro für Häuser, Wohnungen und Grundstücke ausgegeben. Seitdem zeigt die Kurve aufwärts. Wie in den Vorjahren dürften 2018 etwa eine Million Objekte den Eigentümer gewechselt haben, schätzt Ache.

Besonders in den Städten steigen die Preise. „Es drückt aber auch immer mehr ins städtische Umland hinein“, sagte der Fachmann. In den Speckgürteln steige die Nachfrage. Je nachdem, wie gut die Bahn-Verbindung ist, nähmen Haus- und Wohnungskäufer lange Pendelwege in Kauf, etwa von Lüneburg ins 50 Kilometer entfernte Hamburg.

Weltweit zeigen sich in zahlreichen hochpreisigen Märkten jedoch deutliche Anzeichen einer Abkühlung im Immobiliensektor. In den USA waren die Wiederkäufe von Häusern im März noch deutlicher als erwartet gefallen. Im Vergleich zum Vormonat seien die Verkäufe bestehender Häuser um 4,9 Prozent gesunken, teilte die Maklervereinigung National Association of Realtors (NAR) Mitte April in Washington mit. Analysten hatten nur ein Minus von 3,8 Prozent erwartet. Der Rückgang im Vormonat fiel mit 11,2 Prozent immerhin nicht ganz so deutlich aus wie die zuvor berechneten 11,8 Prozent.

Auf das Jahr hochgerechnet wurden im März 5,21 Millionen Häuser verkauft. Ökonomen hatten mit 5,30 Millionen Häusern gerechnet. Die Bestandsverkäufe sind von großer Bedeutung für den Immobilienmarkt, sie machen in den USA etwa 90 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens aus.

Dem britischen Statistikamt zufolge sind die Preise für Wohnungen und Eigenheime im Februar so stark gesunken wie zuletzt vor mehr als 10 Jahren. Der Durchschnittspreis einer Wohnimmobilie in London sank demnach im Februar um 2 Prozent gegenüber dem Januar. Dies ist der stärkste monatliche Rückgang seit November 2008, als die Stadt mit den Folgen des Konkurses von Lehman Brothers zu kämpfen hatte. Mit Blick auf die vergangenen 12 Monate sanken die Preise sogar um 3,8 Prozent. Das durchschnittliche Eigenheim in London ist jetzt 459.800 Pfund wert. Dies entspricht einem Rückgang von 5,9 Prozent gegenüber dem Höchststand im Juli 2017. Noch viel wichtiger ist, dass erstmals seit vielen Jahren auch die London umgebenden Regionen einen Preisrückgang verzeichnet haben.

Nach Jahren des immensen Wachstums und rasanter Preissteigerungen zeigen sich auch in Kanada erste Anzeichen einer Trendumkehr. Wie die Financial Post berichtet, brachen die Preise für Wohnungen und Häuser in Vancouver im März stark ein, während auch die Zahl der Neubauten zurückgeht. Im Vergleich zum März 2018 gab es demnach einen Preisrückgang von 31 Prozent. Der Immobilienmarkt Torontos stagnierte hingegen.

In Australien zeichnen sich unterdessen Preissenkungen in den beiden größten Städten des Landes – Sydney und Melbourne – ab. Dem australischen Statistikbüro zufolge sanken die Preise in Sydney seit ihrem Höchststand im Sommer 2017 um fast 14 Prozent. Für das laufenden Jahr erwartet die Ratingagentur Moody’s für Sydney Rückgänge von rund 8 Prozent bei Häusern und rund 6 Prozent bei Wohnungen. In Melbourne könnten die Preise demnach um rund 5 Prozent zurückgehen. Landesweit erwarten die Analysten einen durchschnittlichen Rückgang von 7,7 Prozent.

Auch im Nahen Osten haben Preissteigerungen weitgehend Senkungen Platz gemacht. Der Immobilienindex für Saudi-Arabien sinkt seit 2016 kontinuierlich von etwa 95 auf nun 80 Punkte. Der vergleichbare Index Katars stagniert seit Anfang des vergangenen Jahres. In Dubai ist es inzwischen zu einer regelrechten Krise am Markt gekommen – die Preise sinken seit dem Jahr 2014. Die Ratingagentur S&P erwartet, dass die Notierungen auch im laufenden Jahr um rund 10 Prozent zurückgehen werden.

Auch in New York sinken die Preise. Das erste Quartal 2019 wies mit 2,7 Prozent die höchsten durchschnittlichen Rückgänge seit dem Jahr 2009 auf, wie das Immobilienunternehmen Douglas Elliman Real Estate berichtet.

Sollten sich diese Indizien zu einem weltweiten Trend zu sinkenden Preisen an den Immobilienmärkten verdichten, drohen vielen Investoren – insbesondere jenen, die zu spät und daher zu teuer eingestiegen sind – ernste Probleme.

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