China first: Die Neue Seidenstraße

China first: Die Neue Seidenstraße

  • Februar 2018

Mit dem Projekt „One Belt, One Road“ will China einen neuen Wirtschaftsraum schaffen. Es geht, wie schon bei Zbigniew Brszeszinski um den sogenannten eurasischen Raum. China setzt bei seinem Streben nach Weltgeltung nicht auf militärische Macht oder auf Dominanz an den Rohstoffmärkten. China ist traditionell eine Handelsmacht und hat in Asien versucht, Einfluss durch Partnerschaft auszuüben. Das Motto hieß in diesem Zusammenhang nie „China first“ – derart aggressive Marketing-Strategien fahren die Chinesen in der Regel nicht. Allerdings haben die Chinesen andere Werkzeuge adaptiert, um ein „China first“-Programm weltweit zu etablieren – ohne dass die Mitbewerber um die Dominanz der Weltwirtschaft es überhaupt bemerken.

Die Chinesen operieren zur Erreichung einer Weltmacht-Position auf unterschiedlichen Ebenen: Sie sind offen für moderne Technologien, was sich vor allem beim Flüssiggas und beim Internet zeigt. Sie spielen an den internationalen Finanzmärkten mit und sind dort als größter Gläubiger der USA ein echter Machtfaktor. Sie wollen aber nicht nur im System erfolgreich sein, sondern stellen das System dort radikal in Frage, wo „China first“ keine Chance hat: Die Gründung der ersten asiatischen Infrastruktur-Bank AIIB ist eine Kampfansage an die Weltbank und den IWF. Beide Organisationen werden von den USA dominiert. China hat keine Möglichkeit, in diesen gewachsenen Strukturen maßgeblichen Einfluss zu gewinnen. Ähnliches gilt für den Dollar als Weltwährung: Noch ist der Yuan als Währungsreserve keine Konkurrenz zum Dollar. Doch langfristig könnte der Yuan eine Rolle spielen: Dazu müsste es China gelingen, in der realen Weltwirtschaft eine dominante Position zu erlangen, die über jene des billigen Produktionsstandortes und größten Rohstoffeinkäufers hinausgeht.

Genau diesem Ziel dient die Neue Seidenstraße: Für umgerechnet 113 Milliarden Euro soll die Infrastruktur für neue Handelsrouten nach Europa, Asien und Afrika geschaffen werden. China bietet allen Staaten die Möglichkeit, reale Geschäfte zu machen: Bauwirtschaft, Logistik, Infrastruktur, Transport, Energie, Handel, Maschinenbau und Telekommunikation – sie alle hoffen auf Deals, neue Umsätze und Profite.

Daher pilgern Politiker aus aller Welt nach Peking, um von dem erwarteten Kuchen etwas abzubekommen: Mit Investitionsabkommen über umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro im Gepäck hatte im Februar die britische Premierministerin Theresa May China verlassen. Die vereinbarten Verträge sehen Investitionen über mehr als 9,3 Milliarden Pfund vor. Sie sollen nach Angaben der Regierung in London mehr als 2.500 Arbeitsplätze im Vereinigten Königreich schaffen. Allein Finanzfirmen sicherten sich Zusagen über gut eine Milliarde Pfund. Die Briten wollen für die wichtige heimische Finanzbranche Marktzugang in der nach den USA weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft erhalten. Die Chinesen wiederum können die AIIB als Player etablieren.

Im Januar war bereits Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Peking gewesen und hatte die Neue Seidenstraße als Hoffnung für die französische Wirtschaft gepriesen.

Aber auch Deutschland spielt für China eine zentrale Rolle: Chinesische Investoren haben im vergangenen Jahr so viel Geld wie noch nie für deutsche Unternehmen ausgegeben. Der Wert der chinesischen Übernahmen sei 2017 um neun Prozent auf 13,7 Milliarden Dollar gestiegen, ergab eine Studie der Unternehmensberatung EY. Allerdings ist die Zahl der Übernahmen zurückgegangen: Die Chinesen schauten Übernahmekandidaten aus Europa viel genauer an als in der Vergangenheit. Auch regional hat die Seidenstraße Bedeutung für Deutschland: Duisburg soll ein Logistik-Hub werden.

 

Gebremst werden könnte der chinesische Eifer allerdings von der hohen Verschuldung in China: Sollte die Schulden-Blase platzen, könnte sich auch der Traum von der Neuen Seidenstraße als kurzlebige Illusion erweisen.

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