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Stunde Null: Syrien nach dem Krieg
- Dezember 2017
Syrien ist nach russischen Angaben vollständig von Terroristen befreit. Alle Einheiten der Terrorgruppe des Islamischen Staates (IS) seien demnach vernichtet, sagte der russische Generalstabschef, Waleri Gerassimow, Anfang Dezember in Moskau.
Der IS sei demnach an beiden Ufern des Euphrats in Syrien besiegt. Die Militäroperationen in dem Gebiet gingen zu Ende. Jetzt werde der Fokus auf den politischen Prozess gelegt, der letztlich zu Präsidenten- und Parlamentswahlen führen werde, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin.
Damit könnte einer der blutigsten Kriege und undurchsichtigsten Konflikte der Moderne zu Ende gehen. Möglich wird das Ende durch einen Strategiewechsel in Washington. Russland und die USA arbeiten seit der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama in Syrien zusammen. Unter Trump wurde die militärische Kompetenz vollständig an das Pentagon unter Verteidigungsminister James Mattis übertragen. Trump hat die Unterstützung von Söldnern durch die CIA beendet. Aufgrund dieser Entscheidungen ist der IS immer weiter zurückgedrängt worden. Zuletzt meldeten Russland und Syrien einen Sieg über die letzte verbliebene IS-Hochburg.
Die USA und Russland kooperieren vor allem beim Abzug der zahlreichen internationalen Söldner, die in Syrien zu Einsatz gekommen waren. Dieser Abzug ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Präsenz von Söldner-Milizen kann zu weiteren Kämpfen führen, weshalb die USA und Russland zunächst darauf bedacht sind, die Milizen zu entwaffnen, die Konflikte zu deeskalieren und den Waffenstillstand zu sichern.
Es ist den Russen gelungen, die Türkei und die Israelis in Zaum zu halten. Beide hatten ursprünglich versucht, den Syrien-Konflikt für Geländegewinne zu nutzen. Allerdings setzte die russische Luftwaffe dem Bestreben ein Ende. Alle Flugbewegungen mussten mit den Russen abgestimmt werden, weil sie die Lufthoheit über Syrien errungen haben und diese auch nicht wieder hergeben werden.
Es ist allerdings schwer, an das Ende des Krieges zu glauben. Oft schon hatte es in den vergangenen Jahren geheißen, der Krieg sei vorbei. Doch stets haben sich internationale Söldner neu gruppiert und der Syrischen Armee immer wieder Niederlagen beigebracht. Deren Ausdauer zur Verteidigung der Heimat wurde auf eine harte Probe gestellt. Die massiven Propaganda-Feldzüge, die den Waffengang begleiteten, führten nicht nur zur moralischen Last für die syrische Zivilbevölkerung. Vor allem die Politiker in der EU haben sich an die Vorgaben der Anführer der Allianz – USA, Großbritannien und Frankreich – gehalten und den wirtschaftlichen Druck auf das Land enorm erhöht. Die offenen Grenzen in Europa haben dazu geführt, dass die syrische Armee tausende junge Männer verlor, die nach Europa flohen – verständlicherweise, weil sie sich in der EU ein besseres Leben erhoffen.
In der nächsten Phase geht es nun um den Wiederaufbau. Russen und Chinesen haben bereits angekündigt, der syrischen Regierung helfen zu wollen. Die EU hält dagegen weiter die Sanktionen aufrecht – und schadet damit der Zivilbevölkerung massiv. Die Klagen der Kirchen über diesen Zustand ignorieren die EU-Politiker bereits seit Jahren. Nun findet sich die syrische Wirtschaft vor einer „Stunde Null“: Sie muss das Land, das zum Spielball geopolitischer Interessen geworden ist, allein wieder aufbauen.
Die Präsidenten der USA und Russlands, Donald Trump und Wladimir Putin, haben sich allerdings bereits auf einen Plan geeinigt: Die Söldner sollen weiter abgezogen werden, die militärische Kooperation intensiviert und die Absprache verbessert werden. Der militärischen Operation soll ein politischer Prozess folgen, der die territoriale Integrität Syriens sichert.
Die beiden Präsidenten bekräftigten in einem Statement, dass das Ziel die Umsetzung der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrats einschließlich einer Verfassungsreform und freier und fairer Wahlen unter UN-Aufsicht sei. Die Wahlen sollen nach den höchsten internationalen Standards der Transparenz abgehalten werden. Alle Syrer, einschließlich jener in der Diaspora, sollen teilnehmen. Die Präsidenten bekräftigten ihr Eintreten für die Souveränität, die Einheit, die Unabhängigkeit, die territoriale Integrität und den nichtkonfessionellen Charakter Syriens gemäß der Resolution 2254 und forderten alle syrischen Parteien auf, sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen und die Bemühungen um ihren Erfolg zu unterstützen. Diese Initiative ist noch kein Garant für eine Normalisierung in Syrien. Sie zeigt allerdings eine Perspektive auf, die den Syrern nach den brutalen Jahren des Krieges erstmals ein gewisses Maß an Hoffnung bringen kann.