Markt und Kontrolle: China Kommt

Markt und Kontrolle: China Kommt

  • November 2017

Die kommunistische Partei Chinas hat einen ambitionierten Fünfjahresplan beschlossen und Präsident und Parteichef Xi Jinping mit einer Machtfülle ausgestattet, wie sie zuletzt Mao Tse Tung hatte. Ein Beleg dafür ist die Errichtung von „Xi“-Lehrstühlen an vielen chinesischen Universitäten – ein Privileg, das bisher Mao vorbehalten blieb.

Xi hat seine Position mit einer Anti-Korruptionskampagne und Grundsatzentscheidungen zum wirtschaftlichen Kurs gefestigt. Der Staatschef hat die Zügel in vielen Bereichen angezogen: So brachte er eine schärfere Regulierung auf den Weg – insbesondere bei Vorschriften zur Cyber-Sicherheit. Dabei müssen sich Firmen umfangreichen Sicherheitschecks unterziehen und Nutzer-Daten im Land speichern, sodass der Staat letztlich den gesamten Kommunikationsfluss überwachen kann. Xi will verhindern, dass die sensible Infrastruktur von außen gehackt werden kann.

Xi will China in einer Art Hybrid aus Kommunismus und Kapitalismus in die Zukunft führen. Allerdings schiebt das Land einen riesigen Schuldenberg vor sich her, mit dem es sein Wachstum bisher finanziert hat.

Standard & Poor’s ist der Meinung, dass zunächst der Druck auf Lokalregierungen und Staatsunternehmen zunehmen dürfte, ihre Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. Die Gesamtverschuldung in China ist nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Anfang 2017 auf 257,8 Prozent der Wirtschaftsleistung angestiegen. Vor fünf Jahren lag der Wert noch bei 187,5 Prozent.

China will trotzdem weiter nach vorne marschieren – allerdings nicht mehr wie bisher stürmisch und risikoreich, sondern eher kontrolliert. Die Regierung peilt für 2017 ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 6,5 Prozent an. Die chinesische Wirtschaft war in den ersten neun Monaten des Jahres mit 6,9 Prozent überraschend kräftig gewachsen. Sie profitierte von staatlichen Infrastrukturprojekten, einem stabilen Immobilienmarkt, höheren Absatzpreisen und einem anziehenden Export.

Xi will das exportlastige Wirtschaftsmodell jedoch stärker auf den Binnenmarkt mit seiner Milliardenbevölkerung ausrichten. Ein Ankurbeln des privaten Konsums soll für ein nachhaltiges Wachstum sorgen.

Ob der dirigistische Ansatz der Umstellung gelingt, ist nicht vorauszusagen: Auch im neuen Programm stehen Kredite und Investitionen im Mittelpunkt, während die für ein Anspringen des Konsums entscheidende Kaufkraft der Bürger erst jüngst gestärkt wurde.

China möchte sich bei der sensiblen Transformation nicht in die Karten schauen lassen: Nach 2020 wird es keine Aussagen mehr geben, bis wann eine Verdoppelung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht werden solle, sagte kürzlich Yang Weimin, Vizeminister in der Zentralen Führungsgruppe für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten. Der Regierung gehe es nicht mehr um den reinen Zuwachs, sondern um die Qualität des Wachstums.

Das markiert offenkundig einen Strategiewechsel in der langfristigen chinesischen Wirtschaftspolitik. Für die Politik könnte sich damit auch mehr Raum für Strukturreformen ergeben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und viele Volkswirte haben China immer wieder gedrängt, angesichts der schuldengetriebenen Stimulierungsprogramme auf reine Wachstumsziele zu verzichten und mehr auf produktive Investments zu setzen.

China startet in die schwierige Phase der Umstellung mit Gegenwind: Der von Caixin und Markit erhobene Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stagnierte im Oktober bei 51 Punkten. Der Index für die Produktion fiel trotz eines leichten Anziehens der Aufträge aus dem In- und Ausland auf 50,8 Zähler von 52,1 Punkten im September. Damit sank er auf den tiefsten Stand seit vier Monaten und blieb nur knapp über der Marke von 50 Punkten, ab der das Barometer Wachstum signalisiert.

Neben der Verschuldung ist die Luftverschmutzung in den chinesischen Mega-Städten eine erhebliche Herausforderung. Strengere Auflagen haben bereits dazu geführt, dass einige Betriebe ihre Produktion drosseln mussten. Der Kampf gegen den Winter-Smog schürt allerdings Sorgen vor einer Konjunkturabschwächung zum Jahresende.

China wird in der Weltwirtschaft tendenziell weiter an Bedeutung gewinnen. Welche Rolle das Land spielen wird, dürfte entscheidend davon abhängen, ob es der Führung in Peking gelingt, die Probleme bei Finanzierung und Ökologie ohne Brachial-Maßnahmen zu lösen.

 

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