Weltmacht in der Krise: Das schwere Erbe des US-Präsidenten

Weltmacht in der Krise: Das schwere Erbe des US-Präsidenten

  • September 2016

Der überraschende Zuspruch für Donald Trump erklärt sich mit den anhaltend schlechten wirtschaftlichen Kennzahlen in den USA. Der Index der Frühindikatoren der OECD sank seit Ende der Fed-Anleihenkäufe im Herbst 2014 von 100,8 auf jetzt 98,9. 100 Punkte stellen das langjährige Mittel dar. Der Auftragsindex brach von +11,8 auf -7,2 Punkte ein.

Diese beiden Kernindikatoren zeigen, dass die Fed und die US-Regierung vor allem mit statistischen Tricks arbeiten, um die Lage besser darzustellen, als sie ist.

Die Amerikaner selbst merken von den Maßnahmen der Fed wenig: Neue Job werden in der Zeitarbeit, im schlecht bezahlten Gastgewerbe oder im Niedriglohnbereich geschaffen. Die Kaufkraft ist schwach, weil sich die Produkt-Schere immer weiter öffnet: Hochwertige Lebensmittel gibt es bei Whole Foods – wo sie zweimal teurer sind als bei einem durchschnittlichen deutschen Qualitätssupermarkt. Bei Trader Joes dagegen gibt es die Ware viel billiger als bei Aldi, doch die Qualität ist erbärmlich. Langlebige Wirtschaftsgüter werden unverdrossen auf Pump finanziert. Im Auto-Bereich ist bereits ein ähnliches Phänomen zu beobachten wie bei der gefürchteten Subprime-Krise von 2007: Kredite wurden an Leute ausgegeben, die sie nicht bedienen können. Es ist eine Frage der Zeit, bis die Blase platzt.

Zugleich kommen die Renten unter Druck: Wegen der niedrigen Zinsen haben immer mehr Pensionsfonds Probleme, die Auszahlungen an die Babyboomer sicherzustellen. Und die Renten reichen wegen der Schulden nicht, damit die Amerikaner wirklich in den Ruhestand gehen können.

So ergeben sich mehrere Fronten im Generationenkonflikt: Die Jungen haben keine Zukunft, weil die alten Industrien nicht mehr genug Jobs schaffen. Für Silicon Valley und die dortigen Top-Jobs der Internet-Ökonomie befinden sich die jungen Amerikaner im direkten Konkurrenzkampf mit einer globalen, hochqualifizierten Arbeitnehmerschaft. Diese muss nicht einmal mobil sein: Schon heute finden sich zahlreiche Dependancen von Google, Apple oder Amazon in anderen Teilen der Welt: Entwickler und Vertriebsleute sitzen in der Schweiz, in Spanien, Indien oder Bangladesch. Steuern zahlen die Konzerne im Grunde nirgendwo, wie der jüngste Konflikt zwischen Apple und der EU zeigt. So kann eine Wirtschaft nicht florieren. Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank hat das Dilemma grundsätzlich beschrieben: „Die USA haben sich Ende der 90er Jahre von der einkommensgetriebenen Ökonomie (Modell der freien Märkte) verabschiedet und sich der „Asset-Driven Economy“ zugewandt, wo die Bewertung von Vermögensgegenständen (maßgeblich Aktien und Immobilien) für den Konjunkturverlauf wesentlich mitverantwortlich ist. Die auffällige Divergenz der Bewertung (DAX 2017 KGV 13,4, S&P 500 2017 KGV 18,5) ist impliziter Beleg dieser dahinter stehenden Politik.“

Die Assets aber kommen zum größeren Teil jenen zugute, denen es nicht mehr um den Aufbau, sondern um die Vermehrung von Vermögen geht. Die US-Unternehmen verwenden daher das billige Zentralbank- Geld nicht, um zu investieren: Sie zahlen Dividenden aus und kaufen eigene Aktien zurück. Auf der Strecke bleibt der qualifizierte Arbeitsmarkt.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Amerikaner ihre Hoffnungen auf Donald Trump setzen: Er steht gegen das „Establishment“, zu dem Hillary Clinton gehört. Die Eliten in Wall Street und Washington haben die Misere unzweifelhaft zu verantworten. Trump punktet mit denselben Versprechungen, mit denen 2008 Barack Obama „Yes we can!“ gerufen hat. Der neue Schlachtruf „Make America great again!“ ist abstrakt genug, um eingeklagt zu werden. Es geht um ein Gefühl. Dieses ist vor einer Wahl stets anders als danach.

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