Konfrontation mit Russland: Der neue Kalte Krieg

Konfrontation mit Russland: Der neue Kalte Krieg

  • August 2016

Das neue Weißbuch der Bundeswehr lässt keinen Zweifel daran, dass sich Europa auf eine Konfrontation mit Russland vorbereitet. Deutschland soll dabei an vorderster Front stehen. Erstmals ist Deutschland auch bereit, eine politische und militärische Führungsrolle zu übernehmen und deutlich mehr als bisher in die Bundeswehr zu investieren.

Dazu hält das Weißbuch ausdrücklich fest: Die militärische Sicherheit ist Angelegenheit der NATO – inklusive nuklearer Abschreckung und Raketenabwehr. Die Konsequenz ist eine weitere Festigung der transatlantischen Komponente und damit die Stärkung des politischen und militärischen Einflusses der USA auf Europa. Die Bundesregierung lässt keinen Zweifel aufkommen: Ohne die USA gibt es keinen operativen militärischen Handlungsspielraum für Europa. Das heißt aber auch langfristige europäische Abhängigkeit von den USA in der Angelegenheit der europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.

Die Bundeswehr soll auf die neuen Aufgaben vorbereitet und gestärkt werden. Bisher wurden für die Verteidigung 1,2 Prozent des BIP aufgewendet. Das Ziel der NATO ist ein Richtwert von 2 Prozent, der bis 2024 erreicht werden soll.

Russland wird als Herausforderung für die Sicherheit definiert. Im Papier heißt es: „Ohne grundlegende Kursänderung wird Russland somit auf absehbare Zeit eine Herausforderung für die Sicherheit auf unserem Kontinent darstellen.“ Das Papier unterstellt Russland, sich von einer engen Partnerschaft mit dem Westen abzuwenden und spricht von „strategischer Rivalität“. Russland wird die Anwendung hybrider Taktiken vorgeworfen, welche durch die „gezielten Verwischungen der Grenze zwischen Krieg und Frieden“ Unsicherheiten in Bezug auf russische Ziele schaffen. Trotzdem sendet das Papier auch kooperative Ansätze Richtung Russland, wonach Europa und Russland ein breites Spektrum gemeinsamer Interessen und Beziehungen verbindet.

Das Weißbuch übernimmt somit zur Gänze das Feindbild Russland, das sich in den USA seit der „Annexion“ der Krim und der russischen hybriden Kriegsführung in der Ostukraine verfestigt hat.

Damit hat Deutschland seine Flexibilität im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Beziehung zu Russland der NATO untergeordnet. Deutschland, die NATO und EU agieren in der Frage der Russlandsanktionen synchron.

Wie dramatisch die Situation sich seit 2014 zugespitzt hat, lässt sich auch aus den Äußerungen des Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, im NDR-Magazin Panorama ableiten. Er fordert von der NATO mehr Zurückhaltung im Umgang mit Russland und schätzt die derzeitige Situation als überaus gefährlich ein: Die Gefahr, dass aus „Eskalationsschritten militärische Kampfhandlungen“ werden, ist aus Ischingers Sicht, „größer als in der Spätphase des Kalten Krieges“.

Die ambitionierte politische Zielsetzung, mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen, erfordert aber auch den Ausbau von Aufklärungselementen. Zumindest in diesem Bereich hat sich die Auffassung der Bundesregierung durchgesetzt, nicht ausschließlich von den US-Kapazitäten abhängig zu sein. Ein erster Versuch wurde mit der steckengebliebenen BND-Reform zumindest auf den Weg gebracht. Dennoch wird die US-Führungsrolle auf längere Sicht bestehen bleiben: Es ist nicht zu erwarten, dass die Bundeswehr kurzfristig Kompetenzen in den Bereichen der hybriden Kriegsführung und des Cyber-War erwerben kann.

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